Die Luftfahrt trägt etwa 3 % zu den globalen CO2-Emissionen bei, doch die Auswirkungen auf das Klima gehen weit über diesen Anteil hinaus. Neben den direkten CO2-Emissionen führt der Luftverkehr zu einer Vielzahl von sogenannten Non-CO₂-Effekten. Zu diesen Effekten zählen Wasserdampf, Stickoxide (NOx), Kondensstreifen und Aerosole, die das Klima erheblich beeinflussen. Die Dekarbonisierung des Luftverkehrs ist daher eine komplexe Herausforderung und erfordert ganzheitliche Lösungsansätze. Dieser Artikel stellt verschiedene Ansätze zur Reduzierung der Klimawirkung des Luftverkehrs vor - von alternativen Antrieben und Kraftstoffen, über Flugroutenoptimierung bis hin zu ökonomischen Maßnahmen.

So wird der Luftverkehr nachhaltiger
Strategien zur Vermeidung von CO2- und Non-CO2-Effekten in der Luftfahrt
Reduktion der CO2-Emissionen durch alternative Antriebe und Kraftstoffe
Eine der zentralen Strategien zur Verringerung der CO2-Emissionen ist die Entwicklung und Nutzung alternativer Antriebe und Kraftstoffe. Dabei stehen vor allem nachhaltige Flugtreibstoffe (Sustainable Aviation Fuels, SAF), Wasserstoff oder elektrische Antriebssysteme im Fokus. Diese Ansätze zielen darauf ab, fossiles Kerosin durch klimafreundlichere Kraftstoffe mit geringerem Kohlenstoffanteil zu ersetzen. Als CO2-neutral gelten Kraftstoffe dann, wenn sie mit erneuerbarer Energie aus nachhaltigen Quellen erzeugt werden und somit bei der Verbrennung nur so viel CO2 freisetzen, wie bei der Herstellung gebunden wurde.
Je nach Antrieb bzw. Kraftstoff unterscheiden sich die Anforderungen an Flugzeuge und Infrastruktur. Nachhaltige Flugtreibstoffe zählen zu den sogenannten Drop-In-Kraftstoffen, da sie wie herkömmliches Kerosin in existierenden Flugzeugen eingesetzt werden können. Im Gegensatz dazu erfordern Non-Drop-In-Kraftstoffe, wie Wasserstoff oder elektrische Antriebe, Modifikationen an bestehenden Flugzeug- und/oder Triebwerkstypen
Nachhaltige Flugtreibstoffe (SAF)
Nachhaltige Flugtreibstoffe gelten derzeit als vielversprechendste Optionen zur Reduzierung der CO2-Emissionen und Nicht-CO2-Emissionen im Luftverkehr. Sie lassen sich weitgehend wie konventionelles Kerosin einsetzen und sind damit bereits auch auf der Mittel- und Langstrecke einsetzbar.
Im Unterschied zu fossilen Brennstoffen entstehen bei der Verbrennung von SAF keine zusätzlichen CO₂-Emissionen, da der verwendete Kohlenstoff zuvor aus nachhaltigen Quellen gebunden wurde. So lässt sich der CO₂-Kreislauf nahezu schließen und die Nettoemissionen senken. Über den gesamten Lebenszyklus betrachtet, kann der CO₂-Ausstoß im Vergleich zu herkömmlichem Kerosin um bis zu 95 % reduziert werden.
Je nach SAF-Herstellungsverfahren ist eine Beimischung von bis zu 50% zum fossilen Kerosin zulässig. Das Endprodukt muss dabei die internationalen Standards und Zertifizierungen der ASTM erfüllen, die für konventionelles JetA1-Kerosin gelten. Nachhaltige Flugtreibstoffe lassen sich auf zwei Wege herstellen: biomassebasiertes SAF werden aus erneuerbaren Rohstoffen wie Abfallstoffen, Ölpflanzen und Altspeiseölen hergestellt, während synthetisches SAF, sogenanntes E-Kerosin, mittels Power-to-Liquid-Verfahren hergestellt werden. Derzeit existieren neun zugelassene Herstellungsverfahren von SAF, darunter Technologien wie Hydroprocessed Esters and Fatty Acids (HEFA), Alcohol-to-Jet (AtJ) und Fischer Tropsch (FT).

Welche Arten von SAF gibt es und wie werden sie hergestellt?
Elektrische Antriebe
Elektrisch betriebene Flugzeuge gelten als eine mögliche Lösung für die Dekarbonisierung des Flugverkehrs für die Kurzstrecke. Diese Flugzeuge nutzen Elektromotoren, die entweder von Batterien oder von Brennstoffzellen angetrieben werden. Ein wesentlicher Vorteil dieser Technologie ist, dass sie keine direkten CO₂-Emissionen verursacht. Wenn der verwendete Strom aus erneuerbaren Energien stammt, kann der gesamte Flug nahezu klimaneutral gestaltet werden.

Die Pipistrel Velis Electro ist das erste vollelektrische Flugzeug, das eine Typzulassung von der Europäischen Flugsicherheitsagentur (EASA) erhalten hat.
Es gibt verschiedene Ansätze zur Entwicklung elektrischer Flugzeuge, darunter voll elektrische Flugzeuge und Hybridflugzeuge. Voll elektrische Flugzeuge sind ausschließlich mit elektrischen Triebwerken ausgestattet und werden direkt von diesen angetrieben. Im Gegensatz dazu kombinieren Hybridflugzeuge elektrische Antriebssysteme mit herkömmlichen Triebwerken und ermöglichen dadurch auch längere Reichweiten.
Die größte Herausforderung für die Entwicklung elektrischer Flugzeuge liegt derzeit in der begrenzten Energiedichte von Batterien sowie in ihrem Gewicht. Die Energiedichte von heutigen Batterien beträgt nur ein Bruchteil derer von Kerosin, das heißt, sie speichern deutlich weniger Energie pro Gewichtseinheit als Kerosin. Diese Einschränkungen wirken sich direkt auf die Reichweite und die Nutzlast von Elektroflugzeugen aus. Die bisher zugelassenen rein elektrischen Flugzeuge sind Sportflugzeuge mit ein oder zwei Sitzen.
Wasserstoff als Flugkraftstoff
Wasserstoff kann als alternativer Treibstoff zu fossilem Kerosin genutzt werden, vorausgesetzt, er wird als sogenannter grüner Wasserstoff produziert, also mittels Elektrolyse unter Einsatz von erneuerbarem Strom. Der Wasserstoff kann in der Luftfahrt auf zwei Arten genutzt werden:
- Wasserstoff in Brennstoffzellen: Wasserstoff wird in einer Brennstoffzelle in Elektrizität umgewandelt, die dann einen Elektromotor antreibt. Während des Betriebs entstehen keine CO₂-Emissionen. Derzeit befinden sich verschiedene Wasserstoff-Brennstoffzellen-Flugzeuge in der Zulassung, die ein bis 20 Personen befördern könnten.
- Direktverbrennung von Wasserstoff in Turbinen: Ähnlich wie Kerosin kann Wasserstoff direkt in modifizierten Gasturbinen verbrannt werden. Dabei entstehen Wasser und Stickoxide, aber keine CO₂-Emissionen. Derzeit existieren jedoch keine Flugzeugtypen, die Wasserstoff in Turbinen nutzen.
Ein wesentlicher Vorteil von Wasserstoff ist, dass bei seiner Verbrennung nahezu ausschließlich Wasser entsteht, wodurch CO₂-Emissionen vollständig vermieden werden können. Gleichzeitig hat Wasserstoff eine hohe Energiedichte, wodurch der chemische Energieträger viel Energie auf relativ geringem Gewicht speichern kann.
Allerdings hat Wasserstoff eine deutlich geringere Energiedichte pro Volumen als Kerosin. Dadurch ergeben sich technologische Herausforderungen für den sicheren Transport und die Lagerung von Wasserstoff. Da Kryo- bzw. Drucktanks sehr schwer und groß sind, kann darüber hinaus nur verhältnismäßig wenig Wasserstoff an Board transportiert werden, wodurch die Reichweite von Wasserstoffflugzeugen stark eingeschränkt ist. Um dem Rechnung zu tragen, wäre für längere Strecken ein neuartiges Flugzeugdesign nötig, wie es derzeit bspw. von Airbus angedacht wird (z. B. „Blended-Wing-Body“). Eine weitere Herausforderung ist die fehlende Infrastruktur: An allen Flughäfen, die mit Wasserstoff angeflogen würden, müsste eine entsprechende Pipeline-, Tank- und Verflüssigungsanlageninfrastruktur errichtet werden.
Ökonomische Maßnahmen: Das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS)
Ein zentrales Element der EU-Klimapolitik zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen im europäischen Luftverkehr ist das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS). Seit Einführung im Jahr 2005 folgt das EU-ETS dem „Cap & Trade“-System (Richtlinie 2003/87/EG): Für die insgesamt zulässige Menge an CO2-Emissionen, die von allen teilnehmenden Unternehmen ausgestoßen werden dürfen, wird eine Obergrenze (Cap) festgelegt. Unternehmen erhalten für ihren CO2-Ausstoß entsprechende Emissionsberechtigungen, die entweder kostenlos zugeteilt oder über Auktionen erworben werden können. Jede dieser Berechtigungen erlaubt den Ausstoß von einer Tonne CO2. Diese Emissionsberechtigungen können auf dem Markt frei gehandelt werden (Trade). Verursacht ein Unternehmen weniger Emissionen als ihm erlaubt ist, kann es überschüssige Zertifikate verkaufen. Umgekehrt müssen Unternehmen, die mehr CO₂ ausstoßen, zusätzliche Zertifikate am Markt zukaufen.
Seit 2010 ist auch der Luftverkehr in das System integriert. Alle Flüge, die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) starten und landen, unterliegen der Pflicht zur Abgabe von Emissionszertifikaten (Richtlinie 2008/101/EG).
Im Rahmen des Fit-for-55-Pakets wurde das EU-ETS für den Luftverkehr verschärft. Das Minderungsziel wurde von ursprünglich 43 % auf 62 % gegenüber 2005 angehoben. Auch der lineare Reduktionsfaktor (LRF), das Maß, mit dem die Emissionsberechtigungen jährlich gesenkt wird, wird von 2,2 % auf 4,3 % (ab 2024) und weiter auf 4,4 % (ab 2028) erhöht. Zusätzlich wird die Obergrenze der Zertifikate schrittweise gesenkt: zunächst um 90 Millionen Zertifikate im Jahr 2024 und um 27 Millionen Zertifikate im Jahr 2026.
Ab 2026 endet die bisher kostenlose Zuteilung von Emissionsberechtigungen und wird durch die Einführung einer neuen Regelung ergänzt. Diese sieht vor, dass die Fluggesellschaften für den Einsatz von SAF bis zu 20 Millionen sogenannte „SAF-Allowances“ erhalten. Diese „SAF-Allowances“ sind kostenlos zugeteilte Zertifikate, die helfen sollen, die anfallenden Mehrkosten, die durch die verpflichtende Beimischungsquote von nachhaltigen Flugtreibstoffe entstehen, zu kompensieren.
Mitigation von Non-CO2-Effekten durch nachhaltige Flugtreibstoffe und optimierte Flugrouten
Non-CO2-Effekte entstehen durch Emissionen von Partikeln, Wasserdampf, Schwefel- und Stickoxiden. Diese wirken zum Teil direkt, entfalten aber größtenteils über physikalische Prozesse und chemische Umwandlungen in der Atmosphäre eine indirekte Klimawirkung. Besonders relevant ist dabei, wo und wann die Emissionen ausgestoßen werden – etwa der Reiseflughöhe oder unter bestimmten Wetterbedingungen. Die Nicht-CO2-Effekte gelten als bedeutender Faktor der Klimawirkung des Luftverkehrs - sie machen etwa zwei Drittel der aller Gesamteffekte des Luftverkehrs aus.

Was sind eigentlich Non-CO2-Effekte?
Zur Reduzierung der Non-CO2-Effekte stehen verschiedene Strategien zur Verfügung:
- Verwendung von nachhaltigen Flugtreibstoffen (SAF):
Insbesondere synthetische Varianten, wie E-Kerosin, setzen bei der Verbrennung deutlich weniger Rußpartikel frei als fossiles Kerosin. Dies verringert die Bildung von Kondensstreifen und daraus resultierenden Zirruswolken, die einen wärmenden Effekt auf das Klima haben. Damit trägt SAF nicht nur zur CO₂-Reduktion bei, sondern auch zur Minderung klimawirksamer Non-CO₂-Effekte.
- Optimierung von Flugrouten zur Vermeidung von klimasensitiven Räumen und Zeiten:
Die Flugroutenoptimierung bietet großes Potenzial, die Klimaauswirkungen des Luftverkehrs zu reduzieren. Dabei geht es gezielt darum, die Wirkung der Emissionen in der Atmosphäre zu reduzieren. Denn der Ort und Zeitpunkt, an dem Emissionen ausgestoßen werden, haben großen Einfluss auf ihre klimawirksamen Folgen.
Verkehrsflugzeuge fliegen üblicherweise in Höhen zwischen 10 und 15 Kilometern, wo besonders viele chemische und mikrophysikalische Prozesse ablaufen. Diese Prozesse hängen stark von atmosphärischen Bedingungen wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Druck ab. Ein zentrales Ziel der optimierten Flugroutenplanung ist es, das Entstehen von Kondensstreifen und daraus resultierenden Zirruswolken zu vermeiden. Kondensstreifen entstehen, wenn der emittierte Wasserdampf der Flugzeugtriebwerke auf kalte, feuchte Luft trifft und sich Eiskristalle bilden, die als lange Streifen sichtbar werden. Unter bestimmten atmosphärischen Bedingungen können sich aus diesen Kondensstreifen langlebige Kondensstreifen-Zirren entwickeln, die zur Erwärmung der Atmosphäre beitragen. Durch einen gezielten temporären Wechsel der Flughöhe oder das Umfliegen eisübersättigter Kondensstreifen-Hotspots kann die Bildung von Kondensstreifen reduziert und ebenso die Verweildauer von Ozon in der Atmosphäre verringert werden.
Während die herkömmliche Flugplanung auf die wirtschaftlichste Route abzielt, könnte die Berücksichtigung klimarelevanter Faktoren eine klimafreundlichere Flugführung ermöglichen. Diese basiert auf aktuellen Wetter- und Verkehrsvorhersagen, Messungen am Flugzeug und Berechnungsmodellen zur örtlichen und zeitlichen Entstehung von eisübersättigten Regionen.
Ab 2025 wird im Rahmen des EU-ETS zudem eine Berichtspflicht für Nicht-CO2-Effekte eingeführt. Diese Verpflichtung wird zunächst durch ein System zur Überwachung, Berichterstattung und Prüfung (Monitoring, Reporting and Verification, MRV)
der Nicht-CO2-Effekte im Luftverkehr umgesetzt. Bis Ende 2027 muss die Europäische Kommission einen Bericht vorlegen, wie die Non-CO2-Effekte verringert werden können, z. B. durch eine Integration der Nicht-CO2-Effekte in die Abgabepflicht. Zudem wird CORISA für Flüge von und zu Drittstaaten sowie zwischen Drittstaaten in den EU-ETS im Europäischen Wirtschaftsraum implementiert.
Mehr Infos


Abel (2022): https://publikationen.bibliothek.kit.edu/1000143463
EASA (o.D.): https://www.easa.europa.eu/de/light/topics/hydrogen-and-its-potential-aviation
InnoFuels (2024): https://redaktion.hessen-agentur.de/publication/2024/4311_InnoFuels_AnwendungsfeldLuftfahrt_BestandaufnahmeGesetzeundIndustriestandardszumSAF-Markthochlauf.pdf
Lee et al. (2010): https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1352231009004956