Mit nachhaltigen Flugtreibstoffen (Sustainable Aviation Fuels, SAF) kann fossiles Kerosin ersetzt werden. Dieser Artikel stellt die wichtigsten SAF-Arten und ihre Herstellungsrouten vor – von biogenen Verfahren bis hin zu synthetischen Kraftstoffen. Im Fokus stehen dabei die eingesetzten Rohstoffe, der Herstellungsprozess, sowie die Zulassung durch ASTM.

SAF-Arten und Produktionsrouten
Technologien zur Herstellung von nachhaltigen Flugkraftstoffen
Sustainable Aviation Fuels – Definition und Bedeutung für die Luftfahrt
Sustainable Aviation Fuels sind flüssige Flugkraftstoffe, die aus nachhaltigen Rohstoffen hergestellt werden. Im Gegensatz zu konventionellem Kerosin werden sie nicht aus fossilem Rohöl gewonnen, sondern aus Biomasse, Abfällen oder atmosphärischem Kohlendioxid (CO2) und Wasserstoff hergestellt. Trotz der unterschiedlichen Herkunft des Kohlenstoffs, handelt es sich bei SAFs um sogenannte „drop-in“-Kraftstoffe. Das bedeutet, dass sie mit heutigen Flugzeugen und Tankinfrastrukturen kompatibel sind und je nach Zulassung direkt und ohne technische Anpassung verwendet werden können. Die ASTM legt weltweit geltende Kriterien für Eigenschaften von alternativen Flugkraftstoffen fest. Nach Zulassung durch ASTM darf SAF im kommerziellen Luftverkehr eingesetzt werden.
SAFs werden nach ihrem Herstellungspfad unterteilt, da sie jeweils unterschiedliche chemische Eigenschaften haben. Die Herstellungsverfahren werden dabei nach Feedstock in biogen und synthetisch unterteilt. Abhängig von den eingesetzten Rohstoffen und dem Produktionsweg gibt es auch Unterschiede in ihrer Umweltverträglichkeit. Nachhaltige Flugkraftstoffe gelten als kurzfristig einsetzbare Lösung auf dem Weg zu einer klimafreundlicheren Luftfahrt, da sie nahezu keinen Schwefel enthalten und einen deutlich geringeren Anteil an Aromaten haben als herkömmliches Kerosin. Aromaten verbrennen unvollständig, wodurch Feinstaub entsteht. Auch Schwefel verursacht Feinstaubbildung, sodass beide zu Non-CO2-Effekten beitragen. Ebenfalls entsteht saurer Regen durch die Luftverschmutzung mit Schwefel.
Biogene SAFs: Kerosin aus Frittenfett, Algen und anderer Biomasse
Biogene SAFs werden aus nachwachsenden Rohstoffen wie Pflanzenölen, Zucker, Stärke oder Holzresten (lignozellulosischer Biomasse) hergestellt. Sowohl in nationalen als auch internationalen Förderstrategien spielen sie eine zentrale Rolle zur nachhaltigen Gestaltung des Luftverkehrs, da sie aus einem geschlossenen Kohlenstoffkreislauf stammen. Der bei der Verbrennung in die Atmosphäre abgegebene Kohlenstoff wurde ursprünglich von den verwerteten Pflanzen auch aus dieser gewonnen. Biogene SAFs unterscheiden sich hinsichtlich der Prozesspfade, der Verfügbarkeit der eingesetzten Rohstoffe und der chemischen Zusammensetzung.
Hydroprocessed Esters and Fatty Acids Synthetic Paraffinic Kerosene (HEFA-SPK)
Das zurzeit kommerziell bedeutendste Herstellungsverfahren für SAF ist der HEFA-Prozess. HEFA steht für Hydroprocessed Esters and Fatty Acids, was übersetzt „Hydrierte Ester und Fettsäuren“ bedeutet. Beim HEFA-Prozess werden Ester und Fettsäuren zunächst unter Zusatz von Wasserstoff modifiziert und Sauerstoff entfernt (katalytisch hydriert), anschließend chemisch umgewandelt (isomerisiert) und anhand ihrer Kettenlänge voneinander getrennt, um gezielt die passenden Größen für Kerosin zu gewinnen (fraktioniert). Dabei wird HEFA-SPK gewonnen, dass in seinen physikalischen Eigenschaften fossilem Kerosin ähnelt.
Die eingesetzten Ester und Fettsäuren beim HEFA-Verfahren stammen aus biogenen Quellen, wie Pflanzenölen (z. B. Raps-, Soja- oder Palmöl), Altspeiseölen (Used Cooking Oil, UCO) und tierischen Fetten. HEFA-SPK enthält keine Aromaten - dadurch ist es umweltfreundlicher. Allerdings sind Aromaten für bestimmte Triebwerkkomponenten technisch erforderlich. Daher darf SAF aus HEFA-SPK nur bis zu 50% zu fossilem Kerosin beigemischt werden.
Eine spezielle Unterart von HEFA-SPK ist HC-HEFA-SPK, das aus Algen hergestellt wird. Hierbei wird die Algenart Botryococcus braunii verwendet, die einen besonders hohen Gehalt an ungesättigten Kohlenwasserstoffen, den sogenannten Botryokokkenen, enthält. Derzeit ist HC-HEFA-SPK mit einem Anteil von maximal 10 % zugelassen.

Schematischer Ablauf des HEFA-Prozesses
Alcohol-to-Jet Synthetic Paraffinic Kerosene (AtJ-SPK)
Beim Alcohol-to-Jet-Verfahren (AtJ) werden Flugtreibstoffe aus Alkoholen wie Ethanol oder iso-Butanol hergestellt. Der dafür eingesetzte Alkohol muss zunächst gewonnen werden. Dafür stehen zwei Wege zur Verfügung: die Herstellung durch die Fermentation biogener Rohstoffe oder cellulosehaltiger Restbiomasse. Dabei kommen Mikroorganismen zum Einsatz.
Alternativ kann die Biomasse auch thermochemisch (z. B. durch Vergasung und weitere katalytische Schritte) umgewandelt werden.
Im nächsten Schritt werden die Alkohole chemisch verändert (dehydratisiert), damit sie zu längeren Kettenmolekülen verbunden werden können (oligomerisiert). Diese werden dann mit Wasserstoff behandelt (hydriert). Im letzten Schritt werden die produzierten Kohlenwasserstoffe anhand ihrer Kettenlänge voneinander getrennt (fraktioniert).
Die ASTM-Zulassung D7566 umfasst derzeit AtJ-SPK (Annex 5), sowie AtJ-SKA (Annex 8) - ein AtJ-Kraftstoff, welcher Aromaten enthält.

Schematischer Ablauf des AtJ-Prozesses
Synthetische SAFs: Kerosin aus Wasserstoff, CO2 und Strom
Synthetische SAFs werden aus CO₂, grünem Wasserstoff und erneuerbarer Energie hergestellt (Power-to-Liquid, PtL). Das eingesetzte Kohlenstoffdioxid kann dabei aus biogenen oder industriellen Quellen stammen. Für die Anerkennung als nachhaltiger Kraftstoff gemäß der Nachhaltigkeitskriterien nach der EU-Richtlinie RED II darf das CO₂ allerdings nicht biogenen Ursprungs sein.
Über die Fischer-Tropsch- oder die Methanolroute werden diese Grundstoffe zu synthetischem Kerosin, auch bekannt als strombasierte Kraftstoffe oder E-Kerosin, verarbeitet. Synthetisches SAF ist hochrein sowie frei von Schwefel und anderen Verunreinigungen. Dadurch verbrennt es besonders sauber. Zudem gelten synthetische SAFs als besonders gut skalierbar, weil sie keine biogenen (landwirtschaftlichen) Rohstoffe benötigen und somit nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion stehen.
Fischer-Tropsch Synthetic Paraffinic Kerosene (FT-SPK)
Das Fischer-Tropsch-Verfahren ist ein bekanntes Verfahren zur Synthese von Kohlenwasserstoff, welches bisher jedoch nur mit fossilen Rohstoffen durchgeführt wurde. Für die Produktion von SAF befindet sich das Verfahren noch in der Entwicklung.
Beim PtL-Ansatz wird zunächst ein Synthesegas benötigt. Dieses wird entweder in einer reversen Wassergaskonvertierung (RWGS) aus Kohlenstoffdioxid und Wasserstoff gewonnen, oder durch die Vergasung von festen oder flüssigen biogenen Stoffen, wie Holz, Klärschlamm oder Siedlungsabfällen. Im letzteren Fall wäre der produzierte Kraftstoff jedoch kein RFNBO-konformer e-Fuel.
In der anschließenden Fischer-Tropsch-Synthese wird das Gas unter Druck und hoher Temperatur zu flüssigen Kohlenwasserstoffen verarbeitet, welche im letzten Schritt in einer Raffinerie veredelt werden. Die produzierten Kohlenwasserstoffe FT-SPK sind hochrein – das bedeutet sie enthalten kaum Verunreinigungen wie Schwefel, Stickstoff, Phosphor, Schwermetelle, etc. Nach ASTM D7566 (Annex A1) darf SAF aus FT-SPK bis zu 50% zu fossilem Kerosin beigemischt werden. Eine Variante von FT-Kerosin mit Aromaten ist FT-SPK/A.

Schematischer Ablauf des PtL-Prozesses.
Methanol-to-Jet (MtJ)
Ein weiterer Ansatz zur Herstellung von SAF ist der Methanol-to-Jet-Prozess (MtJ). Zwar liegt derzeit noch keine ASTM-Zulassung vor, weltweit wird das Verfahren aber in Pilotanalgen getestet. Als Rohstoff dient Methanol. Für nachhaltige SAFs wird insbesondere grünes Methanol verwendet, das aus CO₂ und grünem Wasserstoff hergestellt wird. Das hierfür verwendete Kohlenstoffdioxid stammt aus Direct Air Capture, Biogas oder Industriequellen.
Die Umsetzung zum Jet Fuel erfolgt in mehreren Schritten:
1. Dehydratisierung: Methanol wird chemisch verändert, sodass Dimethylether entsteht.
2. Olefinierung: Aus DME werden Olefine gebildet. Dies sind chemische Stoffe, die Kohlenstoff-Kohlenstoff-Doppelbindungen besitzen.
3. Oligomerisierung: Die Olefine werden zu längeren Kohlenwasserstoffketten verbunden.
4. Hydrierung und Fraktionierung: Behandlung der Ketten mit Wasserstoff und Trennung nach ihrer Länge.
Ein großer Vorteil des MtJ-Pfads liegt in der Flexibilität der Methanolproduktion und den potenziell geringeren Anforderungen an die Gasqualität im Vergleich zum FT-Prozess, was den Prozess robuster macht. Darüber hinaus ist Methanol bereits weltweit in industriellen Mengen verfügbar.

Schematischer Ablauf des MtJ-Prozesses
Die wichtigsten SAF-Produktionspfade im Überblick
SAF-Route |
Feedstock |
Kurzbeschreibung Herstellungsverfahren |
Zulassung nach ASTM D7566 |
HEFA-SPK |
Pflanzenöle, Altspeisenöle, tierische Fette |
Ester und Fettsäuren werden katalytisch hydriert, isomerisiert und fraktioniert. |
Ja, bis zu 50% Blending-Anteil (Annex A2) |
HC-HEFA-SPK |
Algenart Botryococcus braunii (Botryokokkenen) |
Identisch zu HEFA mit Kohlenwasserstoffen, Ester und Fettsäuren. |
Ja, bis zu 10% Blending-Anteil (Annex A7) |
AtJ-SPK |
Alkohol aus Zellulose, Zuckerrüben oder stärkehaltigen Pflanzen |
Zucker- und stärkehaltige Biomasse wird zu Alkohol umgesetzt/vergoren, dann dehydriert, zu Paraffin verarbeitet und ggf. mit Aromaten versetzt |
Ja, bis zu 50% Blending-Anteil (Annex A5) |
AtJ-SKA |
Alkohol aus Zellulose, Zuckerrüben oder stärkehaltigen Pflanzen |
Herstellung von AtJ-SPK und anschließende Versetzung mit Aromaten |
Ja, bis zu 50% Blending-Anteil (Annex A8) |
FT-SPK |
CO2 aus Biomasse, industriellen Punktquellen oder DAC |
Reverse Wassergaskonvertierung zur Darstellung von Synthesegas, Fischer-Tropsch-Synthese und anschließende Hydrierung und Fraktionierung. |
Ja, bis zu 50% Blending-Anteil (Annex A1) |
FT-SPK/A |
CO2 aus Biomasse, industriellen Punktquellen oder DAC |
Herstellung von FT-SPK und anschließende Versetzung mit Aromaten |
Ja, bis zu 50% Blending-Anteil (Annex A4) |
MtJ |
Methanol aus Biomasse oder CO2 |
Dehydratisierung zu Dimethylether, Olefinierung und Oligomerisierung, mit anschließender Hydrierung und Fraktionierung |
Nein |
Elwalily et al. (2025): https://doi.org/10.1039/D5SE00231A
Geleynse et al. (2018): https://doi.org/10.1002/cssc.201801690
Rosales Calderon et al. (2024): https://www.nrel.gov/docs/fy24osti/87803.pdf
Tao et al. (2017): https://doi.org/10.1186/s13068-017-0945-3