Auf dem Weg zum Klimaschutz im Luftverkehr I On the path to climate protection in aviation
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Auf dem Weg zum Klimaschutz im Luftverkehr

Internationale und nationale Roadmaps für eine klimaneutrale Luftfahrt bis 2050

Um das Ziel der Klimaneutralität im Luftverkehr bis 2050 zu erreichen, wurden auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene zahlreiche Strategien entwickelt, die konkrete Maßnahmen zur Reduzierung von CO₂- und Nicht- CO₂-Emissionen vorsehen. Dieser Artikel bietet einen Überblick über die wichtigsten Initiativen und Strategien der Luftfahrtindustrie und beleuchtet technologische Innovationen, politische Rahmenbedingungen sowie marktwirtschaftliche Ansätze.

Waypoint 2050: Eine branchenweite Klimaschutz-Strategie für den internationalen Luftverkehr

Waypoint 2050“ ist die zentrale internationale Klimaschutz-Strategie für den globalen Luftverkehr. Entwickelt von dem globalen Netzwerk der Luftverkehrsindustrie ATAG (Air Transport Action Group) vereint sie die wichtigsten Akteure der Branche – Fluggesellschaften, Flughäfen, Flugsicherungen und Flugzeughersteller – mit dem gemeinsamen Ziel, den Luftverkehr bis 2050 CO2-neutral zu gestalten.

Der Bericht Waypoint 2050 untersucht mehrere mögliche Szenarien, wie der Luftverkehrs-Sektor einen Netto-Null-Emissionen erreichen könnte:

  • Szenario 1: Durch das Vorantreiben von Technologien und Betrieb („pushing technology and operations“)
  • Szenario 2: Durch den aggressiven Einsatz nachhaltiger Kraftstoffe („aggressive sustainable fuel deployment”)
  • Szenario 3: Durch eine ehrgeizige und aggressive technologische Perspektive („aspirational and aggressive technology perspective“)


Dabei verfolgen die drei Szenarien vier zentrale Hebel zur Dekarbonisierung des Luftverkehrs:

  • Technologischer Fortschritt: Eine Weiterentwicklung der Antriebssysteme (Elektro-, Wasserstoff und Hybridelektroflugzeuge), effizientere Triebwerke und leichtere Materialien tragen zur Reduzierung der Emissionen bei. Abhängig vom Szenario können die CO2-Einsparungen bis 2050 – je nach Szenario - zwischen 12% und 34% liegen.
  • Effizienter Betrieb: Durch Verbesserungen der Infrastruktur, strukturellen Änderungen im Flugverkehrsmanagement und Energieeinsparungen am Flughafen können weitere 7-10% CO2 eingespart werden.
  • Nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF): Der größte Beitrag zur CO2-Neutralität soll durch den Einsatz von nachhaltigen Flugkraftstoffen geleistet werden. Je nach Szenario können zwischen 53% und 71% der CO2-Reduktion durch nachhaltige Kraftstoffe erreicht werden.
  • Kompensation durch markbasierte Instrumente: Um verbleibende Emissionen auszugleichen, setzt Waypoint 2050 in allen drei Szenarien ergänzend auf Kompensationssysteme. Diese sollen 6-8% der CO2-Einsparungen abdecken.
Liniendiagramm mit gestapelten Farbflächen zur CO₂-Reduktion im Luftverkehr von 2020 bis 2050. Dargestellt sind technologische Verbesserungen, Effizienzsteigerungen in Betrieb und Infrastruktur, der Einsatz nachhaltiger Flugkraftstoffe (SAF) sowie marktbasierte Maßnahmen. Rechte Seitenleiste zeigt prozentuale Anteile: 22 % Technologie, 10 % Effizienz, 61 % SAF, 7 % Kompensation.
© Waypoint 2050

Beitrag einzelner Maßnahmen zur Zielerreichung von Netto-Null-Emissionen im Luftverkehr nach Waypoint 2050

ICAO – Globale Leitlinien für Netto-Null bis 2050 im Luftverkehr

Die internationale Luftfahrtorganisation ICAO hat im November 2023 ein globales Rahmenwerk mit Maßnahmen zur Reduzierung der Umweltauswirkungen der internationalen Luftfahrtindustrie verabschiedet. Das Ziel sieht eine Reduktion der CO₂-Emissionen für den internationalen Luftverkehr von Netto-Null zum Jahr 2050 vor.  Zu den Schlüsselelementen gehören die Erarbeitung und Weiterentwicklung von einer harmonisierten Regulatorik sowie unterstützende Umsetzungsinitiativen, z.B. durch das Programm ACT-SAF, welches die Mitgliedstaaten beim Kompetenzaufbau und durch einen verbesserten Zugang zu Finanzmitteln unterstützen soll. Die International Civil Aviation Organization (ICAO), ist eine Sonderorganisation der Vereinten Nationen (UN). Sie wurde 1994 gegründet, um weltweit einheitliche Standards und Regelungen im internationalen Luftverkehr zu schaffen.


In Einklang mit dem Pariser Abkommen haben sich die Mitgliedsstaaten der ICAO auf ein globales langfristiges Klima-Ziel geeinigt: dem long-term aspirational goal (LTAG). Das LTAG gibt den Staaten keine verbindlichen Reduktionsziele vor, sondern berücksichtigt deren nationale Umstände, wie den Entwicklungsstand der Luftverkehrsmärkte und technische Kapazitäten, um den Beitrag jedes Staates flexibel zu gestalten.

Zur Erreichung des LTAG setzt die ICAO auf vier Teilstrategien:

  • Integration innovativer Flugzeugtechnologien, wie Wasserstoff- und elektrische Antriebe, sowie die Verbesserung in Aerodynamik, Triebwerkseffizienz und Leichtbau am Flugzeug.
  • Steigerung der Effizienz im Flugbetreib durch Ausbau der Flughafen- und Luftrauminfrastruktur, effizienterer Flugverfahren und Optimierung des Flugverkehrsmanagements.
  • Verstärkte Nutzung nachhaltiger Flugkraftstoffe und Energieträger durch den Einsatz biogener und synthetischer Treibstoffe, sowie neuartige Antriebsenergien wie Batteriespeicherung und Wasserstoff für Brennstoffzellen und Gasturbinen.
  • Verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten für die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen.

Ein zentrales Element der ICAO-Strategie zur Begrenzung der CO₂-Emissionen im internationalen Luftverkehr ist das marktwirtschaftliche System CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation). Es zielt darauf ab, ab dem Jahr 2021 das Wachstum der CO₂-Emissionen aus dem internationalen Luftverkehr zu kompensieren. Fluggesellschaften müssen dabei Emissionen, die über das Basisniveau hinausgehen, durch den Erwerb von Emissionsgutschriften aus anerkannten Klimaschutzprojekten ausgleichen.

IATA-Roadmap der Luftfahrtindustrie - Vier Säulen für klimaneutrales Wachstum des Luftverkehrs

Die International Air Transport Association (IATA) repräsentiert weltweit rund 290 Fluggesellschaften und rund 82% des globalen Luftverkehrs. Im Oktober 2021 hat der Verband eine eigene Roadmap zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 vorgestellt und ein Jahr später dem langfristig ambitionierten Ziel „LTAG“ der ICAO zugestimmt. Somit verfolgen beide Institutionen auf globaler Ebene die gleichen Dekarbonisierungsziele. Die „Net zero carbon 2050 resolution“-Klimaschutzstrategie basiert auf einer Kombination aus technologischen Innovationen, nachhaltigen Flugkraftstoffen und Kompensationsmaßnahmen.

Dreieckiges Flächendiagramm zeigt die Reduktion von CO₂-Emissionen im Luftverkehr von 2020 bis 2050. Die Einsparung erfolgt durch Technologie, Infrastruktur, SAF und Kompensationsmaßnahmen. Der reduzierte Gesamtbetrag beträgt 21,2 Gigatonnen CO₂.
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Senkung der CO₂-Emissionen im Luftverkehr bis 2050 nach der IATA-Roadmap, in Anlehnung an IATA Fact sheet

Kreisdiagramm zeigt prozentuale Beiträge zur CO₂-Reduktion bis 2050: 65 % durch SAF, 13 % durch neue Technologien, 3 % Infrastruktur, 19 % durch Kompensationsmaßnahmen.
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Anteil einzelner Maßnahmen am Netto-Null-Ziel des Luftverkehrs bis 2050 nach der IATA-Roadmap, in Anlehnung an IATA Fact sheet

Die vier Säulen der IATA-Klimaschutzstrategie:

  • Sustainable Aviation Fuels (SAF): Für die IATA spielt der Einsatz von SAFs eine zentrale Rolle bei der Emissionsreduktion. Durch SAF soll mit einem Beitrag von 65% bei der Emissionsreduzierung und dem Erreichen der Klimaneutralität in 2050 erreicht werden. Dabei wird auf verschiedene Arten von SAFs gesetzt, darunter Biokraftstoffe und Synthetische Kraftstoffe.
  • Investitionen in Technologien: IATA geht davon aus, dass etwa 13 % der Emissionsreduzierung durch technologische Fortschritte bei Flugzeugen erzielt werden können. Dazu gehören verbesserte Triebwerke, leichtere Materialien sowie eine verbesserte Aerodynamik.
  • Effizienzsteigerung: Durch eine verbesserte Nutzung des Luftraums, effizientere Flugrouten und ein optimiertes Management von Flughäfen und Flügen sollen weitere 3 % der CO₂-Reduktion erreicht werden.
  • Marktbasierte Maßnahmen: IATA strebt ein globales System an, nach dem die Fluggesellschaften in Klimakompensationsprojekte für Umweltauswirkungen investieren müssen. Die IATA lehnt regionale und lokale Maßnahmen, wie den europäischen Emissionshandel (EU-ETS) ab, da er in einer globalen Branche wie dem Luftverkehr eine marktverzerrende Wirkung habe.

Destination 2050: Das europäische Industrieziel einer klimaneutralen Luftfahrt

Die „Destination 2050“ ist eine europäische Industrieallianz, die sich für die Förderung eines nachhaltigen europäischen Luftverkehrs einsetzt. Das Ziel ist, die Luftfahrt bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu gestalten und steht damit im Einklang zu den EU-Klimazielen und dem Pariser Abkommen. Der Fahrplan zu Destination 2050 ist ein ehrgeiziger Pfad zur Dekarbonisierung der europäischen Luftfahrt und umfasst eine Kombination aus mehreren Schlüsselstrategien, wodurch die Netto-CO2-Emissionen auf Flügen gesenkt werden sollen:

  • Verbesserung der Flugzeug- und Triebwerkstechnologien
  • Ausbau von nachhaltigen Flugkraftstoffen (SAF)
  • Umsetzung wirtschaftlicher Maßnahmen (wie dem EU-ETS)
  • Verbesserungen des Flugverkehrsmanagements (ATM)
Gestapeltes Flächendiagramm zeigt die Entwicklung der Netto-CO₂-Emissionen für Flüge aus und innerhalb der EU+ bis 2050. Enthalten sind Beiträge durch neue Technologien (konventionell und Wasserstoff), SAF, betrieblich-technische Effizienzmaßnahmen und wirtschaftliche Instrumente. Hypothetisches Referenzszenario als gestrichelte Linie, Netto-Emissionen als grüne Linie.
© Destination 2050

Weg zu Netto-Null-Emissionen für Flüge innerhalb und ab der EU+-Region bis 2050

Für 2030 sieht das Industrieziel eine Reduzierung der CO2-Emissionen auf innereuropäischen Flügen von 55% gegenüber dem Stand von 1990 vor, sowie eine Emissionsreduktion bei allen Flügen innerhalb und aus der EU gegenüber den Weiter-wie-bisher-Szenarios. Bis 2050 sollen alle Flüge innerhalb und von der EU Netto-Null-CO2-Emissionen erreichen. Das bedeutet, dass die Emissionen aus den Flügen so weit wie möglich reduziert werden, wobei die verbleibenden Emissionen in der Atmosphäre durch natürliche Kohlenstoffsenken oder spezielle Technologien (Carbon Capture and Storage, CCS) entfernt werden.

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Reduzierung der CO2-Emissionen auf innereuropäischen Flügen gegenüber 1990

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Reduzierung der CO2-Emissionen bei allen Flügen innerhalb und aus der EU

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Netto-Null-Emissionen für alle Flüge innerhalb und aus der EU

Deutschlands Luftfahrtstrategie - Klimaneutralität bis 2050

Deutschland hat seine nationale Luftfahrtstrategie im Einklang mit den Zielen der EU entwickelt. Im Fokus stehen Klimaschutz, technologische Innovationen und internationale Kooperationen, um die CO₂-Emissionen zu senken und gleichzeitig die Rolle der Luftfahrt als wichtigen Wirtschaftszweig zu stärken. Zu den wesentlichen Bestandteilen der Luftfahrtstrategie gehören insbesondere:

1) Verbesserung der Effizienz im Flugzeug und disruptive Technologien

Deutschland unterstützt die Modernisierung der Flugzeugflotten und die Entwicklung von emissionsärmeren Triebwerken. In Zusammenarbeit mit der Luftfahrtindustrie und Forschungsinstituten fördert Deutschland klimaneutral hergestellte, betriebene und gewartete Flugzeuge.


2) Markthochlauf nachhaltig erzeugter Flugkraftstoffe

Da der Luftverkehr auf Langstrecken absehbar auf Flüssigkraftstoffe angewiesen bleibt, fördert Deutschland die Produktion und den Einsatz von SAF. Im Jahr 2019 wurde die PtL-Roadmap von Bund, Ländern und Industrie veröffentlicht, die die Entwicklung und Skalierung von SAF in den nächsten Jahren vorantreiben soll. Ein Kernpunkt dieser Strategie war eine Quote zur Beimischung von PtL-Kerosin, die mit dem am 9. April 2025 vorgelegten Koalitionsvertrag jedoch vor Inkrafttreten abgeschafft wurde und jetzt an das EU-Recht angeglichen werden soll. Ein weiterer Kernpunkt ist das langfristige Ziel, dass synthetische Kraftstoffe, die auf erneuerbarer Energie basieren, den Großteil des Kraftstoffbedarfs decken sollen.

3) Klimaneutraler Flughafen

    Die Bundesregierung fördert Maßnahmen zum Ausbau der Elektromobilität auf dem Vorfeld und der Ladeinfrastruktur, sowie den Ausbau von klimafreundlicheren Bodenstromanlagen zur Minderung der THG-Emissionen an Flughäfen.

    4) Stärkung der internationalen Zusammenarbeit

      Da der Luftverkehr eine globale Industrie ist, setzt Deutschland stark auf internationale Kooperationen. Dies umfasst regulatorische und fiskalische Maßnahmen auf nationaler, europäischer und globaler Ebene, wie EU-ETS, CORSIA und das Langfristziel für den internationalen Luftverkehr (LTAG).

      Mehr Infos

      Klimawirkung des Luftverkehrs

      Entstehung und Wirkung von CO2- und Non-CO2-Emissionen des Luftverkehrs

      So wird der Luftverkehr nachhaltiger

      Strategien zur Vermeidung von CO2- und Non-CO2-Effekten in der Luftfahrt

      CORSIA

      Ein Klimakompensationssystem für den internationalen Luftverkehr

      EU-Vorgaben für SAF

      Nachhaltige Flugkraftstoffe in der EU: zentrale Regelungen, Quoten und politische Instrumente

      Globale Klimaschutzinstrumente: EU-ETS und CORSIA

      Die globalen Programme EU-ETS und CORSIA im Vergleich: Chancen und Herausforderungen

      SAF-Regulierung in Deutschland

      Nachhaltige Flugkraftstoffe in Deutschland: Die wichtigsten Gesetze und Vorgaben im Überblick