Europäische Rahmenbedingungen I European framework conditions
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Die EU-Vorgaben für Sustainable Aviation Fuels im Überblick

Quoten und Nachhaltigkeitskriterien

Während der innereuropäische Flugverkehr bereits im europäischen Emissionshandel berücksichtigt wird, gelten seit 2025 zusätzliche Regeln, um den Flugverkehr nachhaltiger zu gestalten. So ist eine SAF-Quote von zunächst 2% in Kraft getreten, die bis 2050 auf 70% ansteigt. Die Quote kann durch Biokraftstoffe oder synthetische Flugkraftreibstoffe erfüllt werden, die vorgeschriebene Nachhaltigkeitskriterien erfüllen müssen.

Der Flugverkehr im Europäischen Emissionshandel

Der Europäische Green Deal hat das Ziel, Wirtschaft und Gesellschaft bis zum Jahr 2050 klimaneutral zu gestalten. Ein zentrales Instrument ist der Europäische Emissionshandel (EU-Emission Trading System, EU-ETS). Seit 2012 ist auch der innereuropäische Luftverkehr Teil des EU-ETS, wobei erst ab 2027 keine kostenlosen Zertifikate mehr zur Verfügung stehen.


Der EU-ETS verpflichtet Fluggesellschaften, für ihre CO₂-Emissionen Zertifikate zu erwerben. Pro ausgestoßener Tonne CO₂ muss ein Emissionszertifikat abgegeben werden – die Gesamtzahl der verfügbaren Zertifikate ist begrenzt und sinkt jährlich. Damit schafft das System einen finanziellen Anreiz, Emissionen zu reduzieren und klimafreundlichere Technologien einzusetzen. Ab dem Jahr 2025 wurde zudem eine Berichtspflicht für die Non-CO2-Effekte der Luftfahrt im Rahmen des EU-ETS eingeführt.

70 % SAF bis 2050 – die Hälfte davon E-Kerosin

Die Verordnung ReFuelEU Aviation sieht eine schrittweise Erhöhung des SAF-Anteils an Flughäfen in der EU vor. Seit 2025 müssen mindestens 2% des in der EU bereitgestellten Flugkraftstoffs aus nachhaltigen Quellen stammen. Dieser Anteil steigt bis zum Jahr 2050 kontinuierlich auf 70% an.


Ein wichtiger Bestandteil der Verordnung ist die Förderung von synthetischen Kraftstoffen, auch E-Fuels genannt. Diese werden aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid (CO2) hergestellt. ReFuelEU Aviation sieht vor, dass ab 2030 mindesten 1,2% des Flugkraftstoffs aus synthetischen Quellen stammen muss. Diese Quote steigt bis 2050 auf 35%. Damit will die EU sicherstellen, dass nicht nur biobasierte, sondern auch strombasierte Flugtreibstoffe gefördert werden.

Balkendiagramm von CENA Hessen zur Quote für nachhaltige Flugtreibstoffe nach der ReFuelEU Aviation Verordnung. 2025 beträgt die Quote 2%, 2030 6%, 2032 6%, 2035 20%, 2040 34%, 2045 42%, 2050 70%. Die Mindestanteile für synthetische Flugtreibstoffe sind 1,2% in 2030, 2% in 2032, 5% in 2035, 10% in 2040, 15% in 2045 und 35% in 2050.
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ReFuelEU-Aviation-Quoten für nachhaltige Flugtreibstoffe

*Für 2030 & 2031 muss der durchschnittliche Anteil 1,2% betragen. Für den Zeitraum von 2032 bis einschließlich 2034 muss der durchschnittliche Anteil 2% betragen. Die restlichen Anteile beziehen sich jeweils auf ein Kalenderjahr. Mit der Verordnung sollen die SAF-Quoten pro Flughafen erfüllt werden. Bis einschließlich 2034 gilt allerdings noch eine Übergangsregelung, so dass die Quoten auch dann als erfüllt gelten, wenn sie im EU-Durchschnitt erfüllt werden. So könnten einige Flughäfen die Quoten übertreffen, während an anderen kein oder weniger SAF getankt wird (Flexibilitätsmechanismus).


Anrechenbarkeit verschiedener Flugkraftstoffe auf die SAF-Quote

Um die festgelegten Quoten zu erfüllen, gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Biokraftstoffe für den Luftverkehr, produziert aus nachhaltiger Biomasse
  • Flugkraftstoffe aus wiederverwertetem Kohlenstoff, hergestellt z.B. aus Gas aus der Abfallverarbeitung
  • Synthetische Flugkraftstoffe, hergestellt aus CO2 und erneuerbarem Wasserstoff
  • Erneuerbarer Wasserstoff, produziert mit erneuerbarem Strom
  • Kohlenstoffarmer Wasserstoff, produziert mit Atomstrom
  • Synthetischer kohlenstoffarmer Flugkraftstoff, hergestellt mit kohlenstoffarmem Wasserstoff

Auswirkungen auf Fluggesellschaften und Kraftstoffanbieter

Die neuen Vorgaben haben weitreichende Konsequenzen für die Luftfahrtindustrie:

  • Kraftstoffproduzenten müssen ihre Produktionskapazitäten für SAF ausbauen, um die steigenden Quoten erfüllen zu können.
  • Fluggesellschaften müssen sich langfristig auf höhere Treibstoffpreise einstellen, da SAF teurer ist als herkömmliches Kerosin.

Konsequenzen bei Nichterfüllung der Quoten

Die Verordnung ReFuel EU Aviation sieht vor, dass Bußgelder verhängt werden, wenn die festgelegten Quoten nicht erfüllt werden. Bei Nichterfüllung der Quoten sind die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Strafzahlungen zu erheben (ReFuelEU Aviation § 12). Hierbei wird unterschieden zwischen Luftfahrzeugbetreiber, Leitungsorgane der EU-Flughäfen und Flugkraftstoffanbieter.


Die genaue Höhe dieser Bußgelder wird von den einzelnen Mitgliedsstaaten bestimmt, wobei in der Verordnung Mindesthöhen festgelegt sind. Fehlende Mengen müssen im darauffolgenden Jahr von den Flugkraftstoffanbietern nachgeliefert werden – sie verfallen also nicht.


Zusätzlich ist eine Betankungspflicht festgelegt, um einer Umgehung der Quoten durch verändertes Tankverhalten vorzubeugen (Anti-Tankering). Demnach müssen Fluggesellschaften mindestens 90% ihres Jahresbedarfs für Flüge ausgehend von EU-Flughäfen auch tatsächlich an einem EU-Flughafen tanken.

RED II & III: Was nachhaltige Flugkraftstoffe ausmacht

Nicht jeder alternative Flugtreibstoff wird in der EU als SAF anerkannt. Die Erneuerbaren-Energien-Richtlinien (Renewable Energy Directive, RED II und RED III) (und deren Delegiertenverordnungen) legen detaillierte Kriterien fest, um sicherzustellen, dass nur umweltfreundliche Optionen gefördert werden.

Kriterien zur Nutzung von Biokraftstoffen für den Luftverkehr

1. Für die Produktion von sogenannten “fortschrittliche Biokraftstoffen” darf nur Biomasse genutzt werden, die größtenteils Abfälle oder Reststoffe darstellt und in Annex IX A der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie aufgeführt ist:

  • Algen zu Land oder in Photobioreaktoren
  • Biomasse-Anteil gemischter Siedlungsabfälle
  • Bioabfall aus privaten Haushalten, der getrennt gesammelt wird
  • Biomasse-Anteil von Industrieabfällen, der ungeeignet zur Verwendung in der Nahrungs- oder Futtermittelkette ist
  • Stroh
  • Mist/Gülle und Klärschlamm
  • Abwasser aus Palmölmühlen und leere Palmfruchtbündel
  • Tallölpech
  • Rohglyzerin
  • Bagasse
  • Traubentrester und Weintrub
  • Nussschalen
  • Hülsen
  • Entkernte Maiskolben
  • Biomasse-Anteile von Abfällen und Reststoffen aus der Forstwirtschaft und forstbasierten Industrien
  • Anderes zellulosehaltiges Non-Food-Material
  • Anderes lignozellulosehaltiges Material mit Ausnahme von Säge- und Furnierrundholz
  • Fuselöle aus der Alkoholdestillation
  • Rohmethanol aus Kraftzellstoff, der aus der Zellstoffherstellung stammt
  • Zwischenfrüchte wie Zweitfrüchte und Deckpflanzen, die in Gebieten angebaut werden, in denen die Erzeugung von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen aufgrund einer kurzen Vegetationszeit auf eine Ernte beschränkt ist
  • Pflanzen, die auf stark degradierten Flächen angebaut werden, mit Ausnahme von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen
  • Cyanobakterien

2. Des Weiteren darf Biomasse nach Anhang Annex IX B der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie zur Produktion von Biokraftstoffen für den Verkehr genutzt werden:


  • Gebrauchtes Speiseöl
  • Tierische Fette (Nebenprodukte)
  • Geschädigte Pflanzen, die sich nicht für die Verwendung in der Lebens- oder Futtermittelkette eignen
  • Kommunales Abwasser und daraus gewonnene Erzeugnisse mit Ausnahme von Klärschlamm
  • Pflanzen, die auf stark degradierten Flächen angebaut werden — mit Ausnahme von Nahrungs- und Futtermittelpflanzen

3. Biomasse, die keine Nahrungsmittel- oder Futtermittel darstellt, und weitere Nachhaltigkeitskriterien und Kriterien zur Treibhausgaseinsparung erfüllt (§29 RED II). Die erforderliche Treibhausgasminderung hängt vom Alter der Produktionsanlage ab und liegt zwischen mindestens 50 % und 65 %. Die Nachhaltigkeitskriterien sollen die Degradierung von Ökosystemen verhindern. Biomasse dieser dritten Kategorie darf höchsten 3% zur SAF-Quote beitragen.

Kriterien zur Nutzung von synthetischen Kraftstoffen

Bei synthetischen Flugkraftstoffen, auch E-Fuels genannt, muss eine Treibhausgaseinsparung von mindestens 70 % gewährleistet sein. Um das zu erreichen, muss u. a. der Strom aus erneuerbaren Quellen stammen. Unter diesen Bedingungen gilt Strom als vollständig erneuerbar (erste delegierte Verordnung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie):


Direktbezug von einer Erneuerbaren-Energien-Anlage:


Zusätzlichkeit:
Der Strom für E-Fuels muss aus zusätzlich gebauten Erneuerbare-Energien-Anlagen stammen. So soll verhindert werden, dass die Nachfrage nach fossilem Strom steigt.

    Netzbezug:

    • Strombezug aus einem Netz mit einem Erneuerbaren-Energien Anteil von über 90%.
    • Strombezug aus einem Netz mit einer Emissionsintensität unter 18 g CO2/ MJ. Zusätzlich dürfen E-Fuels nur dann produziert werden, wenn zu dieser Zeit und im selben Gebiet erneuerbarer Strom verfügbar ist. Man spricht von zeitlicher und geographischer Korrelation.
    • Stromliefervertrage (Power Purchase-Agreement, PPA) und Erfüllung der Zusätzlichkeit (ab 2028) sowie der zeitlichen und geographischen Korrelation.
    • Überschüssiger Strom aus Erneuerbaren Energien.

    Grundsätzlich ist es möglich CO2 aus allen denkbaren Quellen einzusetzen, solange der synthetische Flugkraftstoff eine Treibhausgaseinsparung von mindestens 70% erreicht. CO2 aus folgenden CO2-Quellen gilt als vermiedenes CO2 und trägt dazu bei, die Treibhausgaseinsparung zu erreichen (zweite delegierte Verordnung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie):

    • CO2 aus industriellen Prozessen darf bis zum Jahr 2041 verwendet werden. Eine Ausnahme bildet CO2, das aus der Stromerzeugung stammt; dieses steht nur bis 2036 zur Verfügung.
    • CO2, das durch Verfahren zur direkten Luftabscheidung (Direct Air Capture, DAC) gewonnen wird.
    • CO2 aus der Produktion oder Verbrennung von Biokraftstoffen
    • CO2, das aus der Verbrennung von E-Fuels erzeugt wird.
    • CO2, das geologischen Ursprungs ist und natürlich freigesetzt wird.
    Schematische Darstellung von CENA Hessen zu möglichen Ausgangsstoffen für die Herstellung von synthetischen Flugtreibstoffen und Biokraftstoffen für die Luftfahrt.
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    Syntheseweg Synthetische Kraftstoffe

    Schematische Darstellung von CENA Hessen zu möglichen Ausgangsstoffen für die Herstellung von synthetischen Flugtreibstoffen und Biokraftstoffen für die Luftfahrt.
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    Syntheseweg wiederverwertete kohlenstoffhaltige Flugtreibstoffe

    Schematische Darstellung von CENA Hessen zu möglichen Ausgangsstoffen für die Herstellung von synthetischen Flugtreibstoffen und Biokraftstoffen für die Luftfahrt.
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