Um die Auswirkungen der Luftfahrt auf das Klima zu begrenzen, muss CO2 eingespart und kompensiert werden. Hierfür gibt es mit dem europäischen Emissionshandel (EU-ETS) und dem Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) zwei marktbasierte Instrumente, die unterschiedlich wirken.

Globale Programme zur Reduktion der Treibhausgase im Luftverkehr
EU-ETS und CORSIA im Vergleich – Chancen und Herausforderungen für eine nachhaltigere Luftfahrt
EU-ETS: Handel mit CO2-Zertifikaten
Der Europäische Emissionshandel (EU Emission Trading System, EU-ETS) ist das zentrale europäische Klimaschutzinstrument. Ziel ist es, bis 2040 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 90 % gegenüber dem Jahr 1990 zu erreichen. Er wurde 2005 eingeführt, um die Ziele des internationalen Kyoto-Protokolls in mehr als 30 europäischen Staaten umzusetzen.
Neben den 27 EU-Mitgliedstaaten haben sich auch Norwegen, Island und Liechtenstein dem System angeschlossen. Der EU-ETS deckt die Sektoren Strom, Wärmeerzeugung, energieintensive Industriesektoren, Luftverkehr und seit der letzten Überarbeitung auch den Seeverkehr ab. Insgesamt entfallen auf diese Sektoren etwa 40 % der gesamten CO2-Emissionen der EU.
Das „Cap and Trade“-Prinzip: Reduktion und Handel von Treibhausgas-Emissionen
Der EU-ETS verfolgt einen marktorientierten Ansatz, mit dem ein Preis für Kohlendioxidemissionen (CO2) festgelegt wird. Unternehmen, die unter das EU-Emissionshandelssystem fallen, sind verpflichtet, ihre Emissionen jedes Jahr zu überwachen und zu melden und ausreichend Zertifikate zu kaufen oder zu handeln, um ihre jährlichen Emissionen zu decken. Wer weniger emittiert, kann überschüssige Zertifikate verkaufen – wer mehr ausstößt, muss zukaufen. Die Gesamtmenge der möglichen Zertifikate wird schrittweise reduziert, sodass langfristig die Emissionen sinken müssen. Ziel ist es, Emissionen dort zu senken, wo es am effizientesten ist, und so den Klimawandel wirksam zu bekämpfen.
Das Funktionsprinzip von „Cap and Trade“ bildet die Grundlage des EU-ETS. Dabei wird für bestimmte Wirtschaftssektoren, darunter auch der Luftverkehr, eine jährliche Obergrenze „Cap“ für die Gesamtmenge der zulässigen Treibhausgasemissionen festgelegt. Diese festgelegte Obergrenze wird in handelbare Emissionszertifikate umgewandelt, die an die Marktteilnehmer durch kostenlose Zuteilung oder Versteigerungen ausgegeben werden. Ein Zertifikat berechtigt den Inhaber, während eines bestimmten Zeitraums eine Tonne CO2 (oder deren Äquivalent) zu emittieren. Ab dem Jahr 2026 gibt es für den Luftverkehr, mit Ausnahme für die Nutzung von SAF, keine kostenlose Zuteilung mehr.
Millardeneinnahmen zur Förderung klimafreundlicher Technologien
Die Einnahmen aus der Auktionierung müssen die Mitgliedstaaten zweckgebunden einsetzen und somit für den Klimaschutz oder für den sozialen Ausgleich verwenden. In Deutschland fließen die Einnahmen aus dem Emissionshandel in den Klima- und Transformationsfonds (KTF). Der Fonds finanziert unter anderem Maßnahmen der Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Gebäudebereich und unterstützt die Industrie bei der Dekarbonisierung und beim Einsatz von Wasserstoff.
Auf europäischer Ebene ist der EU-Innovationsfonds eine wichtige Quelle der EU-Unterstützung für neue Projekte zur Kohlenstoffabscheidung sowie für innovative CO2-arme Technologien und Verfahren in der energieintensiven Industrie. Das Emissionshandelssystem wird zwischen 2020 und 2030 rund 38 Milliarden Euro aus der Versteigerung von EU-ETS-Zertifikate für den Innovationsfonds bereitstellen.
EU-ETS gilt nur auf Inner-EWR-Flügen
Der EU-ETS gilt im Luftverkehr bislang nur für Flüge, die auf dem Hoheitsgebiet des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) starten oder landen. Ausnahmen existieren für Betreiber mit weniger als 10.000 Tonnen jährlichen CO2-Emissionen und für Luftfahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von maximal 5,7 Tonnen sowie für bestimmte Flüge beispielsweise im Rettungseinsatz.
Auch das Vereinigte Königreich und die Schweiz sind in den europäischen Emissionshandel integriert, wobei die Flüge in diese Staaten dem EU-ETS unterliegen, während die Flüge aus diesen Staaten heraus unter das jeweilige nationale Emissionshandelssystem fallen.
Berücksichtigung von Nicht-CO2-Effekten ab 2025
Ab 2025 werden neben Kohlendioxid auch andere Emissionen des Luftverkehrs, die sogenannten Nicht-CO2-Effekte, in den EU-ETS einbezogen. Dazu werden z. B. die Freisetzung von Stickstoffoxiden, Rußpartikeln und oxidierten Schwefelverbindungen während der Verbrennung von Kraftstoff sowie die Auswirkungen von Wasserdampf, darunter Kondensstreifen, erfasst. Dies geschieht zunächst über ein Monitoring der Nicht-CO2-Emissionen, später möglicherweise auch über eine Abgabepflicht von Emissionszertifikaten.
CORSIA: Kompensation wachstumsbedingter Emissionen im Luftverkehr
Um den Anstieg der CO₂-Emissionen im internationalen Luftverkehr zu begrenzen, hat die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) das Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation (CORSIA) ins Leben gerufen. Es soll sicherstellen, dass Emissionen, die den Basiswert von 85% der CO2-Emissionen von 2019 überschreiten, durch Klimaschutzprojekte kompensiert werden. Die Idee dahinter ist das Prinzip der "CO₂-Neutralität des Wachstums", was bedeutet, dass Airlines für zusätzliche Emissionen zahlen müssen, um diese an anderer Stelle auszugleichen. Dies ist ein wichtiger Zwischenschritt, bis nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) und emissionsarme Antriebstechnologien weit genug entwickelt sind, um die Emissionen direkt zu senken.

Beitrag von CORSIA zur Reduktion der CO₂-Emissionen im internationalen Luftverkehr
CO2-Kompensation über geprüfte Klimaschutzprojekte
CORSIA funktioniert nach dem Prinzip des Emissionsausgleichs: Airlines, die auf internationalen Routen fliegen, müssen ihre CO₂-Emissionen berechnen und in bestimmten Phasen kompensieren. Die Kompensation erfolgt durch den Kauf von CO₂-Zertifikaten aus geprüften Klimaschutzprojekten, die z. B. die Aufforstung von Wäldern, erneuerbare Energien oder CO₂-Speicherung unterstützen. Das Programm erfolgt in phasenweiser Umsetzung: Seit 2021 können Länder freiwillig teilnehmen, ab 2027 wird CORSIA für fast alle internationalen Flüge verbindlich. Airlines müssen zudem regelmäßig über ihre Emissionen berichten, um Transparenz zu gewährleisten.
Ab 2027 für (fast) alle internationalen Flüge gültig
CORSIA gilt für internationale Flüge, also für den Flugverkehr zwischen zwei Ländern. Inlandsflüge sind nicht betroffen, da diese oft unter nationale Klimapolitik fallen. Derzeit nehmen über 100 Länder freiwillig an CORSIA teil, darunter die EU-Staaten und die USA. Ab 2027 wird das Programm für alle ICAO-Mitgliedstaaten mit relevantem Flugverkehr verpflichtend.
Kritiker bemängeln, dass CORSIA allein nicht ausreicht, um die Luftfahrt klimafreundlich zu gestalten, da es keine direkten Emissionsreduktionen erzwingt, sondern nur einen Ausgleich durch externe Klimaschutzprojekte schafft. Trotzdem ist es ein bedeutender Schritt, um den Luftverkehr klimafreundlicher zu gestalten, bis nachhaltige Antriebe und Alternative Kraftstoffe umfassender genutzt werden können.

CORSIA-Teilnehmerstaaten, Quelle: IATA
EU-ETS im Vergleich zu CORSIA
Unterschiedliche Ziele im Fokus
Durch das Cap-and-Trade-Prinzip wird die Emissionsobergrenze (Cap) für den Luftverkehr in der EU kontinuierlich abgesenkt. Seit dem Jahr 2021 wird das Cap jährlich um 2,2 % reduziert, ab den Jahren 2024 und 2028 beträgt die jährliche Reduzierung 4,3 % bzw. 4,4 %. CORSIA ist hingegen deutlich weniger ambitioniert im Hinblick auf die CO2-Reduktionsvorgaben. Dies liegt im Wesentlichen daran, dass CORSIA lediglich ein CO2-neutrales Wachstum ab dem Jahr 2020 anstrebt, bei dem auch langfristig 85 % der Emissionen des Jahres 2019 nicht unterschritten werden.
Inwieweit die Emissionen im Luftverkehr tatsächlich reduziert werden, wird auch von dem voraussichtlichen Preis für CO2-Emissionszertifkate im EU-ETS bzw. für die CO2-Kompensation über CORSIA abhängen. In den letzten Jahren ist eine deutliche Preissteigerung für CO2-Emissionsberechtigungen in der EU erkennbar. Anrechenbare CO2-Zertifikate für CORSIA liegen bisher deutlich darunter.

Preisentwicklung für Emissionsberechtigungen in der EU
Vermeidung doppelter Verpflichtungen in der EU
Die Umsetzung von CORSIA erfolgt über die EU, um eine schnelle und einheitliche Umsetzung in allen Mitgliedstaaten sicherzustellen. Die Monitoring-Methoden für den EU-ETS und für CORSIA wurden angeglichen, so dass Airlines für beide Systeme ein einheitliches Monitoring-Konzept vorweisen müssen.
Die CO2-Emissionen von Flügen unterliegen je nach Flugstrecke unterschiedlichen Regeln. Die vorübergehende Beschränkung des EU-ETS auf Strecken innerhalb und zwischen EWR-Ländern gemäß dem „reduzierten Anwendungsbereich“ wird bis Ende 2026 auslaufen. Somit fallen ab 2027 alle Flüge, die im europäischen Wirtschaftsraum starten oder landen entweder unter CORSIA oder den EU-ETS. Nur Inlandsflüge in Nicht-EWR-Ländern und Flüge von und nach bestimmten Entwicklungsländern sind beiden Verpflichtungen ausgenommen.

Geltungsbereiche von EU-ETS und CORSIA, Quelle: Deutsche Emissionshandelsstelle (o.D.)
Mehr Infos
EU ETS:
- Europäische Union (2008): https://eur-lex.europa.eu/eli/dir/2008/101/oj/eng
- European Comimission (o.D.): https://climate.ec.europa.eu/eu-action/climate-strategies-targets/2040-climate-target_en
- Umweltbundesamt (2025): https://www.umweltbundesamt.de/daten/klima/der-europaeische-emissionshandel#teilnehmer-prinzip-und-umsetzung-des-europaischen-emissionshandels
- Deutscher Bundestag (2024): https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1015396
- Deutsche Emissionshandelsstelle (2024): -1/Luftverkehr/Anwendungsbereiche/anwendungsbereiche_artikel.html">https://www.dehst.de/DE/Themen/EU-ETS-1/Luftverkehr/Anwendungsbereiche/anwendungsbereiche_artikel.html
- Deutsche Emissionshandelsstelle (2024): https://www.dehst.de/SharedDocs/Newsletter/DE/2024/2024-11-14-international-newsletter-08-nicht-co2-effekte.html
CORSIA:
- IATA (2024): https://www.iata.org/contentassets/fb745460050c48089597a3ef1b9fe7a8/corsia-handbook.pdf
- IATA (2025): https://www.iata.org/en/iata-repository/pressroom/fact-sheets/fact-sheet-corsia/
- ICAO (2025): https://www.icao.int/environmental-protection/CORSIA/Pages/default.aspx
- Deutsche Emissionshandelsstelle (o.D.): https://www.dehst.de/SharedDocs/downloads/EN/publications/factsheets/factsheet_CORSIA_EU_ETS.pdf?__blob=publicationFile&v=1#:~:text=CORSIA%20is%20part%20of%20a,based%20climate%20change%20mitigation%20measure.
- Umweltbundesamt (2023): https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/11850/publikationen/09_2023_factsheet_luftverkehr_im_ets_und_corsia.pdf