Der Weg zur Zulassung für SAF I The path to regulatory approval for SAF
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Der Weg zur Zulassung für Sustainable Aviation Fuels

Regulatorische Anforderungen durch REACH und ASTM im Überblick

Nachhaltige Flugtreibstoffe (Sustainable Aviation Fuels, SAF) gelten als Schlüssel zur Dekarbonisierung der Luftfahrt. Für ihren Einsatz im Flugzeug müssen sie strengen regulatorischen Vorschriften gerecht werden. Dazu zählen sowohl die technische Eignung nach ASTM-Normen als auch die chemische Sicherheit und Umweltverträglichkeit nach der europäischen Chemikalienverordnung REACH. Die Zulassung von SAF ist komplex, da verschiedene Normen und Regulierungen erfüllt werden müssen.

ASTM-Zertifizierung und technische Zulassung von SAF

Für den kommerziellen Einsatz im Luftverkehr muss Kerosin – und damit auch SAF – offiziell zugelassen werden. Dabei unterliegt es besonders strengen Anforderungen – deutlich mehr als beispielsweise Benzin oder Diesel im Straßenverkehr - da Flugkraftstoffe besonders zuverlässig und sicher sein müssen. Die technische Zulassung erfolgt durch die Normungsorganisation ASTM International. Wird ein Flugtreibstoff, so auch SAF, durch die ASTM zugelassen, ist er damit international anerkannt und darf unter Einhaltung der Vorgaben weltweit eingesetzt werden. Für nachhaltige Flugtreibstoffe existieren bereits mehrere zugelassene Kraftstoffarten, welche nach den Normen ASTM D7566 und ASTM D1655 geregelt sind.

Zulassung für den Einsatz als nachhaltiger Flugkraftstoff nach ASTM D7566

Nachhaltiger Flugkraftstoff, der nach ASTM D7566 zugelassen wurde, muss nach Mischung mit fossilem Kerosin die Anforderungen an konventionelles Jet A- bzw. Jet A-1 erfüllen. So wird die technische Kompatibilität mit der bestehenden Infrastruktur – einschließlich Triebwerken, Flugsystemen, Tankanlagen und Logistik – sichergestellt.


Es gibt verschiedene Herstellungswege für SAF, die mit ASTM D7566 kompatibel sind. Jeder neue SAF-Produktionspfad muss unabhängig voneinander durch ein Zulassungsverfahren validiert werden, in dem seine technische Eignung geprüft wird. Hierfür durchlaufen SAF mehrere Testphasen, in denen sie hinsichtlich ihrer chemischen, physikalischen und fit-for-purpose Eigenschaften untersucht werden. Zusätzlich werden Teststand-, Motor und Hilfstriebwerktests durchgeführt. Der standardisierte Prozess erlaubt die Gewährleistung der Sicherheit, und Leistungsfähigkeit von SAF, sowie den Vergleich mit fossilem Kerosin und eine Bewertung der drop-in-Fähigkeit.


Die maximale Beimischung (Blending) liegt bei den meisten SAF-Arten bei 50 %, da SAF in der Regel weniger Aromaten enthalten als fossiles Kerosin. Aromaten sorgen dafür, dass die Dichtungen im Flugtriebwerk aufquellen und so dichthalten. Die zugelassenen SAF-Arten und ihre maximale Beimischung sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tabelle der ASTM-D7566-Annexes von CENA Hessen: Auflistung der zugelassenen SAF-Arten (FT-SPK, HEFA-SPK, HFS-SIP, FT-SPK/A, ATJ-SPK, CHJ, HC-HEFA-SPK, ATJ-SKA) mit maximal erlaubten Beimischungsquoten von 10–50 Vol.-%.
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Zugelassene Synthetische SAFs nach ASTM D7566 und ihre erlaubten Beimischungsquoten, Quelle: Jasiński, R., Kurzawska, P., & Przysowa, R. (2021)

Zulassung nachhaltiger Kohlenwasserstoffe als Feedstock für Co-Processing nach ASTM D1655

Beim Co-Processing werden nachhaltige Rohstoffe zusammen mit fossilem Rohöl in bestehenden Raffinerien aufbereitet. Auf diese Weise können nachhaltige Komponenten beigemischt werden, ohne dass neue Anlagen erforderlich sind. Die erlaubte Beimischquote nachhaltiger Rohstoffe im Co-Processing beträgt dabei 5 Prozent des Feedstockvolumens. Das Endprodukt ist durch das gemeinsame Aufbereiten nicht vom fossilen Kerosin zu unterscheiden und erfüllt alle Anforderungen der ASTM D1655.


Ein entscheidender Vorteil des Verfahrens: Da das Produkt die Jet-A- bzw. Jet-A-1-Spetifikationen erfüllt, kann es ohne zusätzlichen Blending-Prozess direkt in die bestehende Infrastruktur integriert werden. Raffinerien können somit nachhaltige Komponenten ohne separate Zertifizierung nutzen.


Die „Nicht-Unterscheidbarkeit“ des Kerosins bringt jedoch auch Herausforderung mit sich: Da chemisch nicht nachgewiesen kann, dass es sich hierbei tatsächlich um SAF handelt, werden spezielle Nachhaltigkeitsnachweise nötig. CENA Hessen forscht im Projekt P2Fuels unter anderem daran, wie ein solcher Nachhaltigkeitsnachweis aussehen könnte.

REACH – Auswirkungen der EU-Chemikalienregulierung auf Sustainable Aviation Fuels

Wie alle Chemikalien, müssen auch SAFs gemäß der europäischen Chemikalienverordnung REACH registriert werden, um in der EU in Verkehr gebracht zu werden. Ziel der REACH-Verordnung ist der Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt. Hierbei gilt das Prinzip „No Data, No Market“, nach dem das Einführen und Erwerben nicht zugelassener SAFs in der EU untersagt ist.

Darstellung des REACh-Registrierungsprozesses durch CENA Hessen: Hersteller und Importeure registrieren chemische Stoffe, die Behörden evaluieren die Angaben und veröffentlichen die Daten. Anschließend erfolgt gegebenenfalls eine behördliche Regulierung durch Zulassung oder Beschränkung. Die Einhaltung wird in fünfjährigen Abständen kontrolliert.
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Vereinfachtes Schema des REACH-Registrierungsprozess

Aufwändige und teure Registrierungspflicht bereits für Pilotanlagen hemmt den Markthochlauf

Um SAF in der EU auf den Markt bringen zu dürfen, müssen diese nach REACH registriert sein. Dabei muss der Hersteller oder Importeur des SAFs Daten zu Identität, Eigenschaften, Toxikologie und Umweltrisiken liefern, wofür in der Regel aufwändige Studien notwendig sind.


Die Anforderungen an Informationen bei einer REACh-Registrierung sind abhängig von der Produktionsmenge. Da Flugzeuge einen hohen Treibstoffverbrauchen haben, müssen bei der SAF-Produktion entsprechend große Mengen hergestellt werden. Dadurch überschreiten viele Produzenten bereits früh die Mengenschwelle, ab der eine Registrierung erforderlich wird. Somit wird die REACH-Registrierung auch schon für Kleinst-Produzenten oder -Importeure sehr aufwendig und ist aufgrund zahlreicher notwendiger Studien mit hohen Kosten verbunden.

Günstigere Co-Registrierungen für SAF kaum möglich

Besteht bereits eine Registrierung eines chemisch identisch SAFs durch einen anderen Hersteller oder Importeur, muss nicht erneut separat registriert werden. Die Registrierungen werden dann als sogenannte Co-Registrierungen zusammengefasst. In solchen Fällen können deutlich Kosten, Zeit und Arbeitsaufwand eingespart werden.


Für fossiles Kerosin war dieses Verfahren bisher problemlos möglich. Anders sieht es jedoch bei nachhaltigen Flugkraftstoffen aus: Die meistgenutzte bestehende Registrierung ist an die Herstellung aus „Crude Oil“ (Erdöl) geknüpft. Da SAF aber nicht aus Crude Oil gewonnen wird, ist es nach REACH-Verordnung nicht chemisch identisch und eine Co-Registrierung nicht möglich.


Zwar gibt es andere bestehende Registrierungen, welchen sich SAF-Hersteller anschließen können, allerdings ist aufgrund der geringeren Anzahl an bestehenden SAF-Registrierungen die Wahrscheinlichkeit auf eine passende Registrierung gering und im Vergleich zudem unverhältnismäßig teuer.

Regulierungsrahmen für SAF: REACH-Registrierung und ASTM-Zertifizierung sind essentiell für SAF

Die Einhaltung der ASTM-Spezifikationen ist für Hersteller entscheidend, da nur mit erfolgter ASTM-Zulassung die-Flugkraftstoffe von Fluggesellschaften, Flugzeugherstellern und Luftfahrtbehörden anerkannt und eingesetzt werden. Die ASTM-Zulassung ist notwendig, um SAF international technisch einsatzbar zu machen. Für den europäischen Markt mindestens gleichbedeutend ist die Registrierung des Flugkraftstoffs nach der REACH-Verordnung. Als EU-Verordnung gilt REACH in allen Mitgliedsstaaten. Für die SAF-Hersteller bedeutet das, dass sie sowohl die technischen Anforderungen nach ASTM als auch die regulatorischen Vorgaben nach REACH erfüllen müssen, um SAF rechtskonform auf den Markt zu bringen - in der EU und international.

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